EGC EUROGROUP CONSULTING AG

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Hans-Dieter Krönung

„Wenn Du ein Schiff bauen willst, dann trommle nicht Männer zusammen, um Holz zu beschaffen, Aufgaben zu vergeben und die Arbeit einzuteilen, sondern lehre die Männer die Sehnsucht nach dem weiten, endlosen Meer.“ (Antoine Saint-Exupery)

Warum reden wir über „New Work“? Weshalb versuchen viele Manager, ihre Organisationen „agil“ werden zu lassen? Und warum sind viele von uns von „Start up-Kulturen“ so fasziniert?

Der Hauptgrund ist sicherlich, dass viele Manager in ihrem Inneren zutiefst davon überzeugt sind, dass an dem oben aufgeführten Zitat von Saint-Exupery doch etwas dran ist.

Sie wünschen sich engagierte und kreative Mitarbeiter, die mit einem hohen Maß an Eigenverantwortung, aber auch Mit-Verantwortung für die Ziele der gesamten Organisation, täglich danach trachten, fachlich immer besser zu werden, die Wünsche der Kunden noch schneller zu erfüllen und die Prozesse noch effizienter zu gestalten.

Hinzu kommt, dass jeder von uns schon zahlreiche Beispiele erlebt oder beobachtet hat, wo „intrinsisch“ motivierte Menschen allein oder gemeinsam im Team herausragende Leistungen erbracht haben, die ihnen ohne weiteres nicht zuzutrauen waren.

Es ist daher also auch nicht verwunderlich, dass Themen wie „flache Hierarchien“ oder „offene Führungskulturen“ seit vielen Jahren Sehnsuchtspunkte von Komplexitäts-geplagten Managern sind. Man würde gerne flexibel und zielorientiert arbeiten wie in einem Start up, aber gerne auch so sicher wie in einem Groß-Konzern. Das nennt man ein Dilemma.

Wo genau liegt denn aber das Problem, weshalb es so schwer zu sein scheint, „verkrustete Strukturen“ in Richtung Flexibilität und Ergebnisorientierung zu verändern?

Werfen wir einen Blick auf die Schnittstelle zwischen Wunsch und Wirklichkeit, dahin, wo die Ambition der Geschäftsleitung auf die Lethargie der umsetzenden Organisation trifft.

Dabei ist zunächst zu attestieren, dass dieser Widerspruch der Interessen gewissermaßen Gott-gegeben ist, denn eine Geschäftsleitung sollte immer danach trachten, den maximalen Erfolg zu erzielen, wie auch immer dieser im Detail definiert ist. Es gehört aber auch zur Wahrheit, dass jede hinreichend große Organisation eine immanente Trägheit gegenüber Veränderungen aufweist, was vor allem daraus resultiert, dass nachweislich die meisten Menschen, die in einer solchen Organisation arbeiten, einen anderen, nämlich deutlich geringeren Anspruch an die Ergebnisse ihrer eigenen Arbeit haben als das bei der Geschäftsleitung der Fall ist. Das ist normal, weshalb es nicht hilft, dies zu beklagen.

Wir wissen aus zahlreichen Analysen, bspw. von Filial-gestützten Vertriebsorganisationen im Privatkundengeschäft, dass eine enorm hohe Abhängigkeit der Vertriebsergebnisse von relativ wenigen Top-Leistern besteht. Es ist tatsächlich so, dass durchschnittlich 10% der Vertriebsmitarbeiter für 80-90% der Vertriebserfolge stehen. Das sind dann die bereits zitierten, „intrinsisch“ motivierten Mitarbeiter, von denen man sich immer mehr wünscht, sie aber niemals finden wird, denn leider lehrt uns die Psychologie, dass man aus einem nicht-intrinsisch motivierten niemals einen intrinsisch motivierten Menschen machen kann, denn allein die Bezeichnung „intrinsisch“ besagt ja, dass diese vorhanden ist oder eben nicht.

Daher hat sich seit gefühlt einer Ewigkeit der Aufbau, die Weiterentwicklung und die Nutzung sogenannter „Zielvereinbarungssysteme“ etabliert, die sich bei aller Vielfalt hinsichtlich Komplexität und quasi-wissenschaftlicher Unterlegung durch eine Gemeinsamkeit auszeichnen, nämlich die Vergabe und laufende Überprüfung von zu erreichenden Zielgrößen.

Im Filialvertrieb von Banken und Sparkassen sind das üblicherweise aus der Gesamt-Institutsplanung abgeleitete Größen wie Stückzahl- und Volumensziele, aber auch Dinge wie Kundenzufriedenheit, Ertragsgrößen und Sonderziele wie Bearbeitung des Jugendmarkts oder von Einverständniserklärungen lassen sich wunderbar „verzielen“.

Zielvereinbarungssysteme dieser Art sind in allen Vertriebsorganisationen als das prägende Element der oben beschriebenen Schnittstelle zwischen Ambition und Realität eingeführt und etabliert, und sie nähren seither die Illusion, dass über die Ziele auch das Verhalten der Menschen in der Organisation gemäß den Ambitionen der Geschäftsleitungen beeinflusst bzw. sogar „gesteuert“ werden kann (weshalb in manchen Instituten tatsächlich auch von „Steuerungssystemen“ gesprochen wird).

Ein einfacher Blick auf die Faktenlage entlarvt diese Illusion, denn obwohl viele Manager an die Wirkung ihrer „Steuerungssysteme“ glauben, bestreiten sie nicht den Umstand, dass nur wenige Top-Leister für den Vertriebserfolg verantwortlich sind, während die „große Masse“ der Mitarbeiter nur weit unterdurchschnittlich zum Erfolg beiträgt. Wenn die „Steuerungssysteme“ aber „wirksam“ funktionieren würden, wäre es ja ein Kinderspiel, durch Veränderung der Ziele auch die Beiträge der unterdurchschnittlich Leistenden spürbar zu steigern. Das gelingt aber nicht.

Eine spürbare Konsequenz, vor allem in größeren Organisationen, ist die wachsende Komplexität der Zielvereinbarungssysteme und der damit einhergehende, steigende bzw. hohe Aufwand für ihr Management, denn natürlich bleibt weder den Managern noch den Mitarbeitern in den „Vertriebssteuerungseinheiten“ diese Erkenntnis verborgen, und ihre Reaktion besteht üblicherweise darin, die Systeme noch weiter auszubauen, weil bei System-gläubigen Menschen das Nicht-Funktionieren eines Systems immer nur durch Fehler bzw. Unvollständigkeiten des Systems begründet sein kann. Das führt dann meist dazu, dass hoch-komplexe Systeme entstehen, die allein durch ihren Aufwand schon zum Machtfaktor werden, weil sie nur noch von wenigen Experten „durchblickt“ werden können.

Ein besonders eindrucksvolles Beispiel ist die Verwendung von Ertragsgrößen (bspw. Deckungsbeitrag) als Zielgröße für Kundenbetreuer im Privatkundengeschäft. Die, allerdings naive, Vorstellung ist, dass eine Orientierung am Ertrag den Kundenbetreuer auch dazu motiviert, möglichst gute Konditionen zu erzielen bzw. sich auf Kunden mit großen Ertragspotenzialen zu konzentrieren. Neben der strategischen Fehleinschätzung, dass Ertragsorientierung im Privatkundengeschäft eine in diesen Zeiten relevante Steuerungsgröße sei (bspw. anstelle von Absatzzielen und Marktanteilen), ist das Kernproblem die fehlende Nachvollziehbarkeit der Wertermittlung für den einzelnen Berater. Mit anderen Worten: Da die Ermittlung von Deckungsbeiträgen für einen Berater i.d.R. nicht nachvollziehbar sein kann (Komplexität der Einflussfaktoren), ist sie somit auch nur nachrichtlich nutzbar, somit also auch nicht Verhaltens-beeinflussend. Damit löst sich die beabsichtigte Intention der Steuerungsgröße aber hinsichtlich ihrer tatsächlichen Wirkung auf.

Es gibt zahlreiche weitere vergleichbare Widersprüche und Nachteile der etablierten Zielvereinbarungssysteme, weshalb auch nicht verwundert, dass sich die Vertriebsergebnisse der meisten Institute nicht wirklich positiv entwickelt haben, wenn man die Effekte durch Preiserhöhungen und Kunden-induzierte Nachfragesteigerungen (Wertpapiere, Immobilien) einmal außen vorlässt. Hinsichtlich der aktiven, systematischen Marktbearbeitung bewegen sich die meisten Institute noch immer auf dem Niveau von vor 15-20 Jahren, was sich nunmehr an sinkenden Erträgen und Marktanteilen bei vielen Instituten festmachen lässt.

Es muss an dieser Stelle darauf hingewiesen werden, dass alle Regionalbanken ihre Marktpotenziale nur unzureichend ausschöpfen. Auch wenn gerade bei Sparkassen ein nicht unerheblicher Teil der Privatkunden nur geringe Potenziale hat, so ist doch die Tatsache, dass i.d.R. mit 20% der Kunden über 80% des Ertrags erzeugt werden, ein deutlicher Hinweis auf die Notwendigkeit und die Machbarkeit der deutlichen Intensivierung der Marktbearbeitung, zumal die Betriebsergebnisse der meisten Institute durch exogene Faktoren erheblich unter Druck stehen.

Was ist die Lösung?

Man sagt oft und richtigerweise, dass man der Lösung nahe ist, wenn man das Problem verstanden hat. So ist es auch hier. Also, was ist das Problem?

Der Kern allen Übels in der „Steuerung“ von Vertriebsarbeit ist der Glaube, dass man Menschen über quantitative Messungen wirklich „steuern“ kann. Alle relevanten Wissenschafts-Disziplinen, vor allem die Soziologie, die Psychologie und die Neurobiologie, betonen eindeutig, dass Menschen über Emotion und nicht über Rationalität/Vernunft in ihrem Verhalten beeinflusst werden.

Man mag entgegnen, dass es sehr wohl auch Menschen gibt, die sich z.B. durch ihre individuelle Zielerreichungs-Quote stimulieren lassen. Das stimmt, und man nennt das „intrinsische Motivation“, und dies bedeutet, dass diese Menschen in der Lage sind, aus rationalen Informationen wie einer Zielerreichungs-Quote eine emotionale Stimulanz abzuleiten. Erfahrungsgemäß trifft das aber nur für ca. 5-10% der Mitarbeiter einer durchschnittlichen Vertriebsorganisation zu.

Wenn die Mehrheit der Mitarbeiter also über Emotion anzusprechen und zu motivieren ist, stellt sich als nächstes die Frage nach dem „Wie?“.

Die einfachste, aber leider nicht zielführende Antwort ist, dass dies über geeignete Führungskräfte zu geschehen hat. Das ist zwar grundsätzlich richtig, verlagert das Problem der Suche nach Top-Leistern aber lediglich auf die Führungsebene, denn dort ist die Situation i.d.R. analog, d.h. man hat viel zu wenige Führungskräfte, die in der Lage sind, emotionale Motivation auf Dauer zu erzeugen.

Hinzu kommt, dass die etablierten Zielvereinbarungssysteme zu dem Effekt führen, dass ein großer Teil der Führungskräfte über eine gewisse Zeit der Verführung durch die Bequemlichkeit erliegt, die damit verbunden ist, den „eigenen“ Mitarbeitern lediglich Ziele vorzugeben und deren Erreichung laufend zu überprüfen. Abgesehen davon, dass dies eine höchst primitive Form von Führung ist, fördert eine solche hierarchische Kontroll-Kultur gerade nicht die emotionale Kommunikation zwischen Führungskraft und Mitarbeiter. Ein weiterer Kollateralschaden besteht zudem darin, dass viele Mitarbeiter beständig darüber nachdenken und daran arbeiten, das Messverfahren zu ihrem eigenen Vorteil zu manipulieren, was wiederum die Kontrollintensität erhöht usw. usw.

Der Lösungsweg liegt in der schrittweisen Veränderung der Führungskultur in Richtung Eigen- und Mitverantwortung. Damit einher geht auch eine systematische Trennung von Steuerungs- und Motivationssystemen. So, wie jeder Bankvorstand sowohl die Umsetzung seiner eigenen Planung als auch den Vergleich mit anderen Banken zur Beurteilung seiner Ergebnisse heranzieht, so muss ein zukunftsfähiges Zielvereinbarungs-Konzept sowohl ein Messverfahren zur Zielerreichung als auch ein System zur Motivation von Eigenverantwortung beinhalten. Ein einziges, noch so komplexes System kann das nicht leisten, weil man entweder Zielerreichungen kontrolliert oder Vertriebsorganisationen motiviert.

Die Motivation hinreichend großer Vertriebsorganisationen gelingt am besten über spielerischen Wettbewerb von Teams. Das hat damit zu tun, dass die meisten Menschen gerne in „Mannschaften“ spielen, vor allem auch in der Freizeit, und gerade der weit verbreitete Mannschaftssport bietet zudem auch die Spannung des Wettbewerbs. „Mannschaften“ bieten zudem den Vorteil, dass sich Kompetenzen ergänzen, d.h. jedes Teammitglied kann individuelle Stärken einbringen und eigene Schwächen durch die Stärken anderer Teammitglieder kompensieren lassen. Das gilt analog auch für die Herausforderungen bspw. von Filialteams.

Zudem müssen Motivationssysteme klar identifizierbare Zielgrößen aufweisen, die einfach und eindeutig messbar sind. So, wie im Sport Tore und Punkte gemessen werden, können im Vertrieb Abschlüsse und Termine gemessen und in Punkte umgewandelt werden. Damit ist es möglich, so unterschiedliche Dinge wie den Abschluss einer Altersvorsorge-Lösung, einen vereinbarten Beratungstermin und das Einholen einer Einverständniserklärung über einen übergreifenden Punktekatalog bewertbar und vergleichbar zu machen.

Diese Vergleichbarkeit herzustellen, ist auch deshalb wichtig, weil bestimmte Aktivitäten wie das Einholen einer Einverständniserklärung eine große Bedeutung für die mögliche Erzielung künftiger Erträge haben, die aber in den klassischen Ertragsmessungen mangels unmittelbarer Ertragsauswirkung nicht abgebildet und gewertschätzt werden.

Um die breite Mehrheit der Mitarbeiter zu „mobilisieren“, bedarf es also der konsequenten Trennung von betriebswirtschaftlicher Zielsetzung sowie deren Umsetzungskontrolle, die immer Top-down strukturiert sind, von wettbewerblich strukturierten Mobilisierungssystemen, bei denen der Vergleich untereinander Kern der Motivation ist.

Dabei ist das Zusammenspiel so zu gestalten, dass das Motivationssystem im Tagesgeschäft das „führende“ System ist, während die betriebswirtschaftliche „Steuerung“ gewissermaßen im Hintergrund läuft, was auch durch unterschiedliche Zyklen der Berichterstattung unterlegt wird.

Um also dauerhaft in die Lage zu kommen, die beachtlichen, nicht-ausgeschöpften Marktpotenziale im Privatkundengeschäft zu erschließen, muss grundsätzlich über die Struktur der Zielvereinbarungssysteme nachgedacht werden.

Es ist nicht zielführend, der sprichwörtlichen „fliegenden Eier-legenden Wollmilchsau“ nachzueifern, die man nie wird schaffen können. Genau das ist aber die derzeitige Realität in den Vertriebsmanagement-Stäben.

Viel sinnvoller ist es, die betriebswirtschaftliche Planung und Kontrolle von den Impulsen zur Motivation konsequent zu trennen, um damit auch insgesamt klarer und effizienter agieren zu können.

Wir bei EGC haben genau dafür das Konzept des „Liga-Systems“ entwickelt und vielfach umgesetzt.


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