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Wie hat die Corona-Pandemie die Projektwelt VErändert?

Die Projektarbeit erfuhr in den 2010er Jahren eine zunehmende Agilisierung – die Bedeutung von interdisziplinärem und vor allem persönlichem Interagieren wurde lautstark propagiert und überall wurden Tischkicker aufgestellt und Kreativitätsinseln eingerichtet, um ein möglichst enges Miteinander zu forcieren.

Dann kam im Frühjahr 2020 Corona! Die Pandemie bescherte Kontaktbeschränkungen und Lockdowns – für sämtliche Projektarbeit wurde plötzlich Remotefähigkeit das Allerwichtigste und die Maximierung von Home Office war das Maß aller Dinge.

Das tägliche, persönliche Zusammenfinden vor Task-Boards und allen anderen, in den Büros mittlerweile üppig erschaffenen Instrumenten des agilen Projektalltags wurde im Nu eingestellt. Jede und jeder Projektmitwirkende machte es sich in der heimischen Kreativitätsinsel gemütlich und verrichtete die Projektarbeit von zu Hause aus. Und allerorts wurde bestätigt, dass dieses Wirken von zu Hause ja quasi mehr oder weniger ohne Produktivitäts- und Effizienzverlust von statten ginge. Allerorts? Ja, zumeist auch an den Orten, an denen die vorgenannte persönliche Interaktion als das Non-plus-ultra aller Erfolgskriterien zuvor propagiert wurde. Und auch die individuellen Fähigkeiten einer und eines Jeden gaben wie selbstverständlich urplötzlich ausreichend Qualifikationen für Remote-Projektarbeit her. So gut wie die gesamte Projektlandschaft war mit einem Mal von der Wohnzimmercouch aus via Video-Konferenzen steuerbar.

Konsequenterweise begannen manche Unternehmen bereits im Sommer 2020 mit der Abmietung oder Untervermietung von Immobilien, um Projektflächen zu verkleinern. Und politische Diskussionen rund um ein Anrecht auf Home Office bestätigen gar die vermeintliche Sinnhaftigkeit dieser Art von Immobilienmanagement.

In der Folge zeichnen sich Asymmetrien in der Projektwelt ab: Manche Projekte werden vollständig offsite durchgeführt und schließen ein gegebenenfalls gleichermaßen mögliches wie wichtiges Onsite-Wirken aus. Andere Projekte geschehen pauschal onsite und das tägliche Prognostizieren der Pandemieentwicklung und deren Zumutbarkeit einer persönlichen Präsenz wird zum Projektmittelpunkt. Wieder andere Projekte bilden Hybride aus, indem sie interne Angestellte in Projektbüros zurückkehren lassen und externe Dienstleister anweisen, fern zu bleiben und Offsite-Projektunterstützungsansätze vorzulegen. Diese Hybride bergen das Risiko einer kritischen Asymmetrie in sich, da die entstehenden Konstellationen dazu führen, dass die persönlichen Zusammentreffen wieder stattfinden, allerdings physisch nur für Teil-Projektteams und es dem anderen Teil des Teams (trotz aller Virtualisierungstechnologien) signifikant erschwert wird.

Wie mag sich folglich Projektarbeit während und nach der Corona-Pandemie weiter gestalten? Kehrt alles zum Bisherigen zurück, bleibt nichts, wie es war, oder werden sich „Hybrid-Projektorganisationsformen“ etablieren?

Was wird die GröSSte Herausforderung für die Projektarbeit nach der Corona-Pandemie sein?

Es wird wohl kein Zurück zum „früher Normalen“ während und nach dem Abflauen der Corona-Pandemie geben. Zu lange hat diese Pandemie den Projektalltag bestimmt und zu viele Anpassungen wurden vollzogen. Und Teile dieser Anpassungen werden beibehalten werden.

So manche Gepflogenheit könnte sich als obsolet erweisen: Montagmorgen ab 6:00 Uhr den ersten Flug zum Projektstandort? Alle Projektmitwirkende an jedem Arbeitstag vor Ort auf überfüllten Projektflächen?

Bewährtes mag auch künftig notwendige Stabilität und Orientierung geben: Anwendung von Etabliertem, wie bspw. dem Scrum-Rahmenwerk, für agile Projektansätze? Möglichst langfristige Planungshorizonte für hochgradig strukturierte Releaseplanungen bei komplexen IT-Architekturen?

Neuerlerntes wird wohl in einer Post-Corona-Projektwelt verbleiben: Virtualisierte Projektarbeitsweisen mit bewiesenen Zeit- und Kosteneffizienzen für alle Beteiligten? Betriebssichere und performante Remote-Zugriffsmöglichkeiten auf projektrelevante IT-Systeme?

Präzise Konstellationen, in denen sich genannte Projektrahmenbedingungen zusammenfügen werden, bereits heute zu prognostizieren, erweist sich als schwierig. Es kann davon ausgegangen werden, dass dieses Zusammenfügen zukünftiger Arbeitsmodelle für viele Organisationen eine große Herausforderung bildet. Denn in irgendeiner Hinsicht hat wohl jede und jeder Projektmitwirkende die Art zu Arbeiten und die Einstellung zur Zusammenarbeit anzupassen. Dabei wird es von nachrangiger Bedeutung sein, ob es sich um Mitwirkende von Fach- oder IT-Bereichen, von internen oder externen Organisationen oder in klassischen oder agilen Projektansätzen handelt. Vielmehr wird es auf die zugrundeliegenden Werte des Miteinanders aller Projektmitwirkenden ankommen. Die gemeinsam im Projektalltag gelebte Kultur künftiger Projektorganisationen wird sich neu formen.

In angesprochener Post-Corona-Projektwelt werden sich unterschiedlichste Situationen ergeben, die neuartige Herausforderungen für diese Projektkultur bilden. Insbesondere durch einen erhöhten Anteil von Remote-Arbeit werden diese entstehen. Wenn ganze oder anteilige Projektteams nicht durchgehend physisch zusammenarbeiten, dann mag dies sehr sinnvolle und effizienzsteigernde Gründe haben, aber es bildet einen Stress-Test für die Projektkultur. Denn auch wenn sich die technologischen Errungenschaften für eine Virtualisierung der Zusammenarbeit noch so schnell und beeindruckend weiterentwickeln mögen, so bilden sie lediglich „notwendige“ Elemente in einer künftigen Projektwelt. Die für den Projekterfolg „hinreichenden“ Elemente bleiben die Werte in der Zusammenarbeit, und die sind von Menschen zu schaffen und zu leben.

Es wird darauf ankommen, wirkungsvolle Kulturelemente aus einer Prä-Corona-Projektwelt in der Zukunft zu adaptieren. So könnte in der Vergangenheit oftmals als “nice-to-have“ belächelten Ereignissen, die als nicht essenziell für den Projekterfolg betrachtet wurden, wie beispielsweise Projektausflüge, -essen oder Teambuildings, künftig eine neuartige Bedeutung zukommen. Denn wenn das physische Zusammen-arbeiten in Projektorganisationen reduziert wird, oder Projekte gar vollständig auf Remote-Arbeit basierend aufgesetzt werden, würde derartigen Ereignissen eine tragende Rolle bei der Gestaltung einer für den Projekterfolg auch weiterhin entscheidenden Projektkultur zukommen. Unabhängig davon, wie diese Ereignisse in einer Post-Corona-Projektwelt zu organisieren oder zu virtualisieren sind, adressieren sie zentrale Fragestellungen an die grundlegenden Werte einer Projektkultur: Wie können „Social Distancing“ oder gar daraus resultierende Vertrauenszweifel innerhalb von Projektteams vermieden werden? Wie kann das Entstehen eines Wir-Gefühls katalysiert werden, auch wenn man nicht im selben Büroraum zusammensitzt? Wie kann für das Management Transparenz gewahrt werden? Diese und viele ähnliche Fragen werden sich den Projektverantwortlichen in einer Zeit nach der Corona-Pandemie stellen.

Im Rahmen dieses kulturellen Wandels eine Erfolgsmethode hierfür zu finden und diese im Projektleben zu realisieren wird für die Verantwortlichen der Projekte eine vorrangige Herausforderung bilden.

Thomas Tiebor ist Senior Manager bei Eurogroup Consulting und Experte für Projektmanagement in Großprojekten. Seine Projektexpertise umfasst Fragestellungen zu Aufbau- und Ablauforganisationen, IT-Architekturen, Datenmanagement und Bankenverbünden. Thomas Tiebor ist Bankkaufmann und absolvierte sein Bachelor- und Masterstudium des International Business Managements an Hochschulen in Regensburg, Reutlingen, Oxford / Großbritannien und Reims / Frankreich.


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