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Hans-Dieter Krönung

„Kein tüchtiger Mensch lässt seiner Brust den Glauben an Unsterblichkeit rauben“

(Johann Wolfgang von Goethe)

Schon seit geraumer Zeit herrscht große Geschäftigkeit in den Controlling- und Planungs-Abteilungen der Sparkassen und der Volks- und Raiffeisenbanken. Es gilt, die sich langfristig verfestigende Zinsstruktur zu verarbeiten, was vor allem bedeutet, dass man weitere planerische Deckungslücken schließen muss.

Dazu bieten sich jeder Regionalbank verschiedene Möglichkeiten, allerdings von unterschiedlicher Attraktivität und Wirksamkeit.

Zunächst einmal stehen die Strukturen auf dem Prüfstand, d.h. vor allem das Filialnetz, denn nachdem man Corona-bedingt bereits im vergangenen Jahr viele Standorte vorübergehend geschlossen hatte, nutzen manche Regionalbanken die Gunst der Stunde, um die „letzten Reserven“ zu mobilisieren, d.h. man lässt viele Standorte dauerhaft geschlossen. Dieses Instrument der Hebung von Reserven ist dabei durchaus problematisch, denn zum einen haben insbesondere die Sparkassen immer wieder mit z.T.  erheblichem Gegenwind aus der Lokalpolitik zu rechnen, weil für viele Bürgermeister und Landräte die Schließung (oder SB-Umgestaltung) der Filiale das sichere Zeichen für mangelnde Zukunftsperspektive der Region ist, zum anderen, weil tatsächlich bei zu starkem Rückschnitt die Differenzierung zum Wettbewerb über den Terminus „Nähe“ unglaubwürdig wird.

Neben dem absehbar endlichen Potenzial der Standortreduzierungen sind zusätzliche Einnahmequellen sondiert worden, vor allem bei den Gebühren für Basis-Leistungen wie den Girokonten-Gebührenmodellen. Auch diese Ertragsquelle ist bereits weitgehend ausgeschöpft und lässt sich nicht endlos ausweiten.

Noch deutlich zu wenig entwickelt ist dagegen das entschlossene Bemühen, signifikante Intensivierungen der Marktbearbeitung anzustoßen, d.h. den Kampf um Marktanteile im klassischen Bankgeschäft. Das mag Außenstehende überraschen, aber ist vor allem dadurch zu erklären, dass in weiten Teilen des vertrieblichen Managements die Überzeugung zu fehlen scheint, dass der Markt noch Potenziale bietet. Dabei zeigen alle Studien deutlich, dass z.B. der Erfolg der Volks- und Raiffeisenbanken im Retailgeschäft in den vergangenen 10 Jahren vor allem durch Vertriebsstärke und nicht durch Kostenvorteile oder überlegene Technologie begründet ist.

Angesichts der insgesamt rückläufigen Ertragsstrukturen der Verbundbanken wird immer wieder einmal die Frage nach der Überlebensfähigkeit der Finanzverbünde gestellt, denn natürlich sind die Betriebsergebnisse auf historische Tiefststände abgesackt und leider weitet sich auch die Spanne zwischen den besten und den schlechtesten Regionalbanken weiter, so dass eine zunehmende Zahl von Banken unterhalb kritischer Marken fällt bzw. bald fallen wird.

Eine weitere Frage, die man sich stellen muss, ist die nach dem Potenzial. Man hat den Verbünden immer wieder einmal vorgeworfen, ineffizient zu sein, denn das Vorhalten von vielfältigen strukturellen und personellen Redundanzen muss ja nach landläufiger Meinung zu schlechteren Kostenpositionen im Vergleich zu Wettbewerbern führen.

Nun zeigen die Analysen von Kostenstrukturen, dass die Finanzkonzerne zumindest keine besseren Werte aufweisen als die meisten Regionalbanken. Theoretisch dürfte das gar nicht sein, denn eine dezentrale, redundante Organisation wie ein Verbund müsste immer ineffizienter sein als ein straff organisierter Konzern. Ich habe vereinzelt in den Standpunkten schon dargestellt, warum sich in der Praxis ein anderes Bild ergibt als es die Theorie logisch ableiten würde, aber das würde hier zu weit führen. Nicht immer bedeutet „zentral“ auch „schlank“ und „dezentral“ auch „ineffizient“.

In der heutigen Zeit jedoch bietet die dezentrale Organisation der Verbünde auch erhebliche Vorteile in der Generierung von Effizienzpotenzialen, denn nachdem jetzt der Druck doch deutlich gestiegen ist, reagieren die Verbundorganisationen mit umfangreichen Restrukturierungsangeboten.

Redundante Strukturen im Management, in den Stäben und in den Back-Office-Bereichen bieten große Potenziale der Bündelung bzw. der Auslagerung, und so haben alle Verbundorganisationen, allerdings in unterschiedlicher Geschwindigkeit und Konsequenz, längst damit begonnen, die Voraussetzungen für weitreichende und effiziente Standardisierung und Automatisierung zu schaffen. Somit werden auf der Basis einheitlicher Technologiestandards und Prozess-Landkarten Möglichkeiten geschaffen, ganze Organisationsbereiche aus den Regionalbanken auszugliedern, z.B. in der Kreditbearbeitung. Leistungsfähige Verbundunternehmen bieten dabei nicht nur die Möglichkeit, Back-Office-Kapazitäten durch Auslagerung einzusparen, sondern auch, Standardprodukte, z.B. im Privatkredit-Geschäft, direkt über Fall-abschließende Lösungen des Verbundunternehmens abzuwickeln, was wiederum auch zu Ersparnissen im Vertrieb führt.

Damit ist die nächste Stufe der Effizienzpotenzial-Hebung in den Verbünden vorgezeichnet. Nach den dezentralen Potenzialen in jeder Regionalbank steht nunmehr die Bündelung im Fokus. Damit werden in den Regionalbanken die Back-Office- und Stabsfunktionen zugunsten der (bereits weitgehend optimierten) Vertriebsstrukturen reduziert werden.

Natürlich werden sich viele Regionalbanken mit der Realisierung der Einsparpotenziale, vor allem im personalwirtschaftlichen Raum, schwertun, aber das Potenzial zur weiteren Reduzierung der Verwaltungskosten ist eindeutig gegeben.

Dies wiederum wird dazu führen, dass den Verbundbanken Potenziale zur Verfügung stehen, die viele Konzerne nicht haben, weil vor allem deren Technologie-Plattformen nicht leistungsfähig genug sind, Prozess-Effizienz in signifikantem Maße zu realisieren.

Wenn der Eindruck nicht trügt, ist ohnehin die Qualität der IT in den Großbanken nicht dazu angetan, große Leistungssprünge zu erwarten. Außerdem stellt sich auch die Frage, wohin gebündelt werden sollte, wenn es denn möglich wäre, denn Bündelung bedeutet, wie der Name schon sagt, dass man etwas mit anderen teilt, was für Nicht-Verbundbanken eben nicht so einfach möglich ist.

Alle diese Entwicklungen sind in vollem Gang, d.h. alle Verbünde arbeiten an diesen Zukunftskonzepten und haben in vielen Teilen nicht nur die Voraussetzungen geschaffen, sondern bereits damit begonnen, die Potenziale zu realisieren.

Diese Potenziale bieten einen bedeutsamen Wettbewerbsvorteil, denn sie ermöglichen nicht nur Kosteneinsparungen, sondern auch die Verstärkung des vertrieblichen Fokus durch Intensivierung der Marktbearbeitung sowie zur Erweiterung der Angebotspalette; der Begriff des „Ökosystems“ steht für diese strategische Entwicklung.

Es zeigt sich somit, dass die Finanzverbünde noch große Potenziale haben, um auf die absehbar schwierig bleibenden Rahmenbedingungen reagieren zu können. Neben dem grundsätzlichen Vorteil, schnell dezentral auf Marktveränderungen reagieren zu können, bieten die Bündelungen durch Standardisierung und Automatisierung erhebliche Potenziale, die allerdings auch konsequent genutzt werden müssen.

Hier beginnt allerdings das große „Aber“. Es ist schön, wenn man Potenziale hat, aber es ist nicht so schön, wenn es an Managern mangelt, diese zu erkennen und konsequent umzusetzen.

Nicht jede Verbundorganisation ist bei der Anpassung der Strukturen ausreichend schnell und konsequent unterwegs, weil sie sich häufig noch zu stark mit „Nebenkriegsschauplätzen“, zumeist im Zentralbank- und Verbundunternehmens-Bereich, befassen muss. Es sei daran erinnert, dass Zentralinstitute eigentlich vor allem dafür da sein sollen, die Primärbanken zu unterstützen, nicht, sie zu behindern oder zu beschädigen. Ich habe den Eindruck, dass das bei manchen Managern in Verbundunternehmen noch durcheinander geht.

Wichtiger ist aber noch, dass in den nächsten Jahren vor allem gute Manager in der Fläche gefragt sind, Manager, die wahrhaft unternehmerisch agieren. Und hier herrscht ein großer Mangel.

In viel zu vielen Bankvorständen sitzen noch immer Manager, die darauf hoffen, dass die guten alten Zeiten wieder zurückkehren mögen, und wenn dies nicht in Form „normaler“ Zinsniveaus geschehen kann, dann eben in Form von weitgehenden „Verwahrentgelten“. Man kann die Diskussion über diese Form der Heldennotausgänge führen, aber da das Ergebnis dieser Diskussionen unsicher ist, muss einkalkuliert werden, dass die Politik dem Streben nach Ersatzlösungen für Zinsen einen Riegel vorschieben wird. Ich halte im Übrigen genau dieses Szenario für sehr realistisch, denn wer die Äußerungen von Politikern, aber auch den Tenor in der Presse aufmerksam verfolgt, der kann deutlich erkennen, dass die Banken als Branche nicht auf Milde, Nachsicht oder Verständnis hoffen dürfen; zu stark haben einzelne „schwarze Schafe“ den Ruf der Branche in der Vergangenheit beschädigt.

Wenn also zumindest unsicher ist, wie sich die Großwetterlage bezüglich der Verwahrentgelte entwickeln wird, müsste doch in ausnahmslos allen Regionalbanken erkennbar sein, dass und wie sich das einzelne Institut auf den „Worst Case“ vorbereitet, denn alle Szenarioberechnungen der letzten Jahre haben doch wohl eindeutig gezeigt, dass die sonst auch üblichen „Worst Cases“ in großer Regelmäßigkeit zu den „Real Cases“ geworden sind.

Wenn dem aber so ist, warum treffe ich dann immer noch in nicht geringer Zahl auf Manager, die sich der Aufgabe, ihr Institut mit aller Konsequenz wetterfest zu machen, nicht in erforderlichem Maße stellen?

Da ich davon ausgehe, dass kein Manager mutwillig sein Institut den Stürmen unvorbereitet aussetzt, kann die Erklärung nur darin bestehen, dass sie nicht wissen, wie sie das anstellen sollen. Man höre (oder lese) nur die Verlautbarungen auf den Bilanzpressekonferenzen, auf denen Gebetsmühlen-artig wiedergegeben wird, wie stabil und erfolgreich jedes Institut dasteht, obwohl in vielen Fällen im Keller schon das sprichwörtliche Wasser eindringt; mit öffentlichem „Gesundbeten“ ist noch kein Institut gerettet worden.

Es gilt jetzt, die absehbaren Entwicklungen mit großer Konsequenz anzugehen, Strukturen zu bereinigen, wo immer das möglich ist und, vor allem, die Marktbearbeitung zu intensivieren. Denn es muss ja klar sein, dass die sehr unterschiedlichen Vertriebsergebnisse der vielen Regionalbanken deutlich machen, dass es erhebliche ungenutzte Marktpotenziale gibt, die auch gehoben werden können. Dazu braucht es aber weniger den „Funktionär“, sondern vielmehr den „Unternehmer“, und daran krankt es in den Verbundorganisationen massiv.

Es ist sehr bedauerlich, dass bei allen Bemühungen in den Verbundorganisationen um Struktur- und Prozessverbesserungen das Handlungsfeld des Managernachwuchses stark unterbelichtet zu sein scheint. Die Nachwuchsmanager werden gedrillt in regulatorischem und technischem Know how, aber wie ein Unternehmen erfolgreich zu führen ist, bleibt ihnen weitgehend verborgen, was dazu führt, dass sie unvorbereitet auf „die Praxis“ losgelassen werden.

Noch schlimmer: Sie lernen von den „Alten“, wie die es gemacht haben, aber verstehen nicht, dass diese Art von Management nicht mehr taugt für die Anforderungen von morgen.

Fazit: In den meisten Verbundorganisationen gibt es gute Voraussetzungen, die vorhandenen, signifikanten Potenziale auch tatsächlich zu realisieren, und zwar bereits mittelfristig. Dies ist dem Umstand zu verdanken, dass an manchen entscheidenden Stellen schon seit Jahren schlaue Menschen technische und Prozess-bezogene Lösungen geschaffen haben, die es den einzelnen Instituten immer leichter ermöglichen, Teile ihrer Wertschöpfung bzw. ihrer Management-Aufgaben auszulagern und zu bündeln.

Das Etappen-Zielbild der nächsten 5-10 Jahre ist damit vorgezeichnet. Nach der sich dem Ende zuneigenden, aktuellen Phase der dezentralen Optimierung beginnt nunmehr die Phase der Automatisierung und Standardisierung mit dem Ziel der weitreichenden Bündelung von Stabs- und Back-Office-Funktionen, um die Konzentration auf die Intensivierung der Marktbearbeitung weiter zu befördern.

Meine Zweifel betreffen lediglich die vielen Manager, die zögern, zaudern und auf externe Hilfe, sei es durch die Politik, die Interessenvertreter oder eine Fusion, hoffen, nicht so sehr, weil sie nicht wollten, sondern weil sie es nie gelernt haben. Das ist das Damoklesschwert der Verbünde, und man kann nur hoffen, dass sich diese Erkenntnis baldmöglichst und breitflächig durchsetzt.

Ich wünsche Ihnen Mut und Konsequenz, den steinigen Weg mit aller Kraft anzugehen.

Hans-Dieter Krönung

 

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