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Hans-Dieter Krönung

Digitalisierung – wo bleibt der Mensch?

Die Digitalisierung hat das Bankgeschäft längst erreicht und beginnt ihren Siegeszug durch alle Bereiche. Online-Banking, Apps, Robotics; alles neu, aber wo bleibt der Mensch? Könnte man einem jungen Menschen heute noch raten, seinen Karriereweg im Bankgeschäft gehen zu sollen?

Die Tendenz scheint diese Frage bereits beantwortet zu haben. Die Banken klagen über fehlenden Nachwuchs und unbesetzte Stellen, vor allem im Vertrieb. Es scheint nicht mehr sexy zu sein, Banker zu sein.

Dabei spielt der Faktor Mensch für den Erfolg einer Bank noch immer eine entscheidende Rolle, denn bspw. im Retail-Banking werden noch immer deutlich über 90% der Erträge in den Filialen, und zwar durch Menschen mit Menschen, erzielt. Zwar steigen die Nutzungszahlen im Online-Banking seit Jahren deutlich an, doch darf dies nicht mit dem Generieren von Erträgen verwechselt werden, mit der Online-Überweisung wird eine Bank nicht reich.

Der Faktor Mensch wird im klassischen Bankgeschäft, etwa bei Regionalbanken, immer mehr zum Engpassfaktor. Bedauerlich ist, dass dies bei den meisten Banken noch nicht zu einem Umdenken hinsichtlich der Motivation der Mitarbeiter geführt hat.

Es ist eine Binsenweisheit, dass motivierte Mitarbeiter bessere Ergebnisse mit ihren Kunden erzielen. Und motivierte Mitarbeiter braucht eine Bank, wenn sie überzeugende Beratungsleistungen anbieten will, denn nur über erfolgreiche Beratung werden klassische Banken ausreichend Erträge generieren können, um als „Spezies“ zu überleben.

Führung – dominiert von der Transparenz-Illusion

Um eine weitere Binsenweisheit zu strapazieren, sei daran erinnert, dass die Motivation von Mitarbeitern in hohem Maß davon abhängig ist, wie sie geführt werden. Hier aber liegt der sprichwörtliche Hase im Pfeffer.

Nach umfangreichen Erfahrungen und Recherchen von EGC wird „Führung“ in den meisten Banken primär über umfangreiche Zielsysteme (Balanced Score Cards etc.) ausgeübt, d.h. man gibt mehr oder weniger detailliert vor, was und wie es zu tun sei, und dies wird dann ebenso umfangreich kontrolliert. Viele dieser sogenannten Führungsstile wurden vor Jahrzehnten etabliert und haben – leider – teilweise bis heute Bestand. Erschreckend ist die Erkenntnis, dass viele Führungskräfte es verlernt haben, Mitarbeitergespräche abseits von Zahlen, Daten, Fakten zu führen und sich mit dem Menschen sowie seinem Potenzial auseinanderzusetzen.

Es ist nicht so ungewöhnlich, wie es klingen mag, dass ein Durchschnittsberater im Filialvertrieb einer Sparkasse mehr als zwanzig Ziele für ein Geschäftsjahr vorgeplant bekommt, und sich die „Führungsaufgabe“ dann darauf beschränkt, die jeweilige Zielerreichung regelmäßig (mindestens monatlich) zu kontrollieren.

Es liegt auf der Hand, dass bei einer solchen Vielzahl an Zielvorgaben nur eine geringe Wahrscheinlichkeit besteht, in allen Zielfeldern erfolgreich zu sein, d.h. dass mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit überwiegend über das Nicht-Erreichte gesprochen wird (weil das ja in der kumulierten Jahresplanung der Bank so eingeplant ist). Man kann sich leicht vorstellen, welchen Motivationsimpuls diese Art von „Führung“ liefert.

Warum ist der Glaube an die Wirkungsweise von Zielen gerade in Banken so ausgeprägt? Ein Hauptgrund wird darin liegen, dass Banken traditionell eher „nüchterne“ Unternehmen sind, die sich mit Produkten und Dienstleistungen beschäftigen, die nicht gerade dafür prädestiniert sind, Emotionen zu wecken. In solchen Unternehmen haben Zahlen eine besonders große Bedeutung und man folgt schnell der Illusion, ein Plan vermittle Klarheit, was zu tun sei, und eine (negative) Planabweichung sei ein ausreichender Impuls, Dinge zu verändern und besser zu machen.

Neurobiologen, Psychologen und Soziologen werden sich erstaunt die Augen reiben ob solcher Naivität, doch ändert dies bislang nichts an der Vorherrschaft der Zahlenwelten im Führungsprozess von Banken.

Und die moderne Technik macht es eher noch schlimmer, weil immer mehr Daten online verfügbar sind und damit die Möglichkeiten einer noch detaillierteren „Überwachung“ noch größer werden. Das verführt ambitionierte Menschen in sogenannten „Vertriebssteuerungs“-Einheiten, immer komplexere Planungs- und Kontroll-Systeme zu entwickeln, um den individuellen Freiraum und damit einhergehend auch die Eigenverantwortung für den Mitarbeitenden immer weiter zu reduzieren, denn Individualität bedeutet „Abweichung vom Ideal“ und somit „Fehler“.

Mobilisierung – erfolgreiche Führung @work

Genau dies aber ist der falsche Weg. Die Gleichung ist dabei ganz einfach: Kapazität wird wertvoller; wahrhaftige Führung mit dem Ziel der Mitarbeiterbindung wird elementar. Damit liegt auf der Hand, dass die gesamte Branche mit großer Kraft und Konsequenz umsteuern muss, um wahrhaftige Führungskulturen zu entwickeln.

Wahrhaftige Führung unterscheidet sich von der eben beschriebenen mechanistischen Führung mit quantitativen Soll-Ist-Messungen vor allem durch die Zuwendung zum Individuum. Dies beginnt mit Respekt, auch gegenüber dem Nicht-Topleister, fordert wertschätzenden Umgang und erfordert das Schaffen eines Sozialgefüges, um dem Individuum ein geeignetes soziales Umfeld zu bieten, in dem er/sie sich wohl fühlt.

Gerade junge Menschen erwarten von ihrer Arbeitsumgebung Inspiration und die Möglichkeit der Mitgestaltung, am besten in Team-orientierten und flexiblen Arbeitsformen („New Work“).

Der Kern der erforderlichen Umsteuerung aber ist der Wandel im Blick auf Individualität. Alle Versuche, menschliches Verhalten zu planen, zu standardisieren und vollständig zu kontrollieren, münden zwangsläufig in einer Missachtung von Emotionalität und Persönlichkeit. Das Idealbild des Roboters in der Kundenberatung mag manchem Technologen gefallen; die meisten Kunden stößt es ab.

Mehr noch: Mit diesen vorsintflutlichen Steuerungs-Philosophien hätte man zu Zeiten des Taylorismus reüssieren können; heute schreckt man damit insbesondere junge Menschen ab.

Erfolgreiche Führung bedeutet heute gerade, die Persönlichkeitsentwicklung, also die Individualität, zu fördern und eben nicht nach Schema F vorzugehen und nur checklistenartig abzuhaken. Individuelles Führen ist auch ein Ausdruck von Wertschätzung, den die Mitarbeiter sehr wohl wahrnehmen. Erfolgreiche Unternehmen investieren sehr viel Zeit und Geld darin, ihren Mitarbeitenden Entwicklungs-Möglichkeiten aufzuzeigen und nutzen zu lassen.

Die Top-Führungskraft, die nach diesem Leitbild führt, überzeugt durch Vorbild und Persönlichkeit, nicht durch Datentransparenz. Um kein Missverständnis zu erzeugen: Transparenz über Pläne, Ziele und aktuelle Zwischenstände sind „Conditio sine qua non“, aber sie haben mit erfolgreicher Führungsarbeit nichts zu tun; diese beginnt jenseits der Datenlage.


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