Kostenproblem bei Captives: CMS-Strategie entscheidender Baustein zu internationaler Kostenoptimierung!

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Fabio Giacomo Müller

Konstant starkes Wachstum: Bedeutung der Automotive Captives nimmt weiter zu

Das Captive Geschäft rund um Leasing und Finanzierung von Automobilen ist in den letzten zehn Jahren stetig gewachsen. Die Captives der führenden deutschen Automobilhersteller eilen von einem Rekord zum anderen – durchschnittlich wuchs ihr EBIT in den letzten 10 Jahren um 6% jährlich.

Captive BilanzsummeAbbildung 1: Bilanzsumme (Balken) und EBIT (Linien) 2011-2020*

Trends zu Abonnement- und All-Inclusive-Modellen sind ein Zeichen dafür, dass der Captive Markt auch in den kommenden Jahren weiterhin wachsen wird. All das führt dazu, dass Captives einen immer größeren Stellenwert in ihren Konzernfamilien genießen. Im Geschäftsjahr 2020 haben die drei großen deutschen Automotive Captives durchschnittlich 26% zum jeweiligen Konzernergebnis beigetragen.

Captive EBIT AnteilAbbildung 2: EBIT Anteil Captive am EBIT Gesamtkonzern 2020*

Mit ihrer zunehmenden Bedeutung geht selbstverständlich auch eine gesteigerte Erwartungshaltung an zukünftige Ergebnisbeiträge der Captives einher. Die Vorstände der großen Konzerne werden also in Zukunft noch deutlicher auf ihre Captives und deren Entwicklung achten.

Mit jedem neuen Vertrag sinkt die Gewinnmarge, da Kosten stärker als Erträge Steigen

Die Finanzberichte der Captives offenbaren neben Zuwächsen beim Vertragsbestand auch einen rückgängigen operativen Gewinn je Vertrag. In Zeiten von konstant niedrigen Zinsen liegt der Stellhebel für den Gewinn je Vertrag in den Grenzkosten. Diese sind über die letzten Jahre aber gestiegen oder befinden sich in einer Seitwärtsbewegung. Ein nachhaltiges EBIT-Wachstum kann nur durch die Senkung der Grenzkosten erreicht werden.

Abbildung 3: Gesamtkosten je Vertrag** (Linien) 2011-2020*

 

Im Fokus: Personal- und Sachkosten als direkte Stellhebel

Etwa 90% der Kosten sind durch Zins-, Leasing- und Provisionsaufwand sowie Risikovorsorge bedingt. Diese Kosten entstehen weitgehend durch externe, also nicht oder nur indirekt beeinflussbare Faktoren und betreffen alle Institute gleichermaßen.

Interessante Stellhebel sind die Personal- und Sachkosten, die zwar lediglich 10% der Gesamtkosten eines Captives ausmachen, aber durch interne Faktoren bestimmt werden. Angenommen, die durchschnittlichen Kosten eines Captives belaufen sich auf rund 25 Mrd. EUR, so ist der Personal- und Sachkostenaufwand mit rund 2,5 Mrd. EUR ein nicht zu vernachlässigender Betrag. Eine Senkung der Personal- und Sachkosten von 5% würde eine Einsparung in Höhe von 125 Mio. EUR p.a. bedeuten. Bei durchschnittlichen Erträgen von rund 30 Mrd. EUR entspricht das einer nachhaltigen Gesamtergebnisverbesserung von 2,5% jährlich.

Aber wodurch werden diese Kosten maßgeblich bestimmt und welche Optionen bieten sich an, um spürbare Entlastung zu schaffen? Wichtige Faktoren sind die Komplexität der Captive-Prozesse und unnötig viele Systembrüche entlang dieser Prozesse (Stichwort: Personaleinsatz). Eine Vielzahl benötigter IT-Systeme zur Prozessbewältigung lässt außerdem auf hohe Sachkosten schließen.

Industrie als Vorbild? Produktion der Captives Heute Noch eher Manufaktur als Fließband

In der Industrie, wie auch im Finanzdienstleistungssektor, sind es die Produkte, die den Ausschlag geben. Doch eines fällt schnell auf: Die Komplexität der Captive-Produkte ist im Vergleich zu internationalen Großbanken gering, was nahelegt, dass die dazugehörigen Prozesse effizient gestaltet werden können (und müssen).

Captive PrinzipbildAbbildung 4: Prinzipbild Captive Leasingprozess (status quo)

Überraschend hingegen ist die tatsächliche Komplexität, die sich bei vielen Captives über alle Leasing- und Finanzierungsprozesse hinweg wiederfindet. Anders als ihre Konzernmütter, die über viele Jahrzehnte ihre Produktionsprozesse bis an die Grenzen des Möglichen optimiert haben, „leisten“ sich viele Captives historisch gewachsene, ineffiziente und technologisch suboptimal unterstützte Prozesse. Verschlimmert wird dieses Bild noch dadurch, dass Prozesse und Systeme der Captives in fast allen der zahlreichen Landesgesellschaften individuell ausgestaltet, aber im Zweifel nicht effizienter als im Heimatmarkt sind.

In eben dieser Tatsache liegt aus unserer Sicht ein Großteil des offensichtlichen Sach- und Personalkostenproblems begründet. International agierende Captives müssen ihre Produktionsanlagen und -straßen dringend modernisieren, um nachhaltig Kosten senken zu können.

Contract-Management-Systeme als Taktgeber einer effizienten Produktionsstrasse

Anders als moderne Produktionsstätten und Giga-Factories unserer Zeit bedeutet die „Produktion“ eines Captives etwas viel Abstrakteres, schwer Greifbares. Es werden keine anfassbaren Güter, sondern Leasing- und Finanzierungsverträge „produziert“.

Der Vergleich mit der Industrie lohnt trotzdem: Die Effizienz der Captive-Produktion wird ebenfalls durch ihre Anlagen, also Anzahl und technologische Reife der eingesetzten IT-Systeme sowie durch „Produktionsstraßen“, und die optimale Anordnung einzelner Schritte entlang des Gesamtprozesses bestimmt.

Die Bestandsführung, das Herzstück der „Produktionsstraße“ eines Captives, findet im Contract-Management-System (CMS) statt. Folglich muss das CMS im Fokus einer nachhaltigen Strategie zur Prozess-, IT-(Sach-) Kostenoptimierung und somit zur Rentabilitätssteigerung stehen.

Personal- und Sachkosten können durch CMS-Modernisierung deutlich reduziert werden

Durch Erneuerung des Contract-Management-Systems können zum einen Prozesse optimiert, zum anderen auch eine Vielzahl der heute benötigten Systeme überflüssig gemacht und abgeschaltet werden.

Arbeitsschritte, die heute manuell und entlang diverser Systembrüche durchgeführt werden, können durch Automatisierung und größere Abdeckung von Funktionalitäten optimiert werden. Durch Reduzierung manueller Arbeitsschritte und Systembrüche lässt sich der notwendige Personaleinsatz bereits deutlich reduzieren.

Heute können Contract-Management-Systeme mehr, als nur Verträge verwalten. Das Beispiel Collections beweist die Abdeckung von Funktionalität einer ganzen Domäne durch CMS, die in vielen Fällen heute noch in separaten Systemen bereitgestellt wird. So kann durch die CMS Einführung ein Umsystem komplett abgelöst werden, die Kosten werden spürbar gesenkt.

Schafft man es, das Potential und das Momentum einer CMS-Modernisierung voll auszuschöpfen, kann man ein sehr hohes Einsparpotential und somit einen deutlichen Effekt auf Personal- und Sachkosten erreichen. Aus unseren Projekten wissen wir, dass eine strategische CMS-Modernisierung die Personal- und Sachkosten je Landesgesellschaft um 5% reduzieren kann.

Viele Versuche einer internationalen CMS-Strategie sind gescheitert – doch woran liegt das?

Bisher wurden keine echten Erfolge verzeichnet, wenn es um die Modernisierung oder Erneuerung der CMS-Lösungen in den Captive-Landesgesellschaften geht. Teils wurden großangelegte CMS-Standardisierungs- und Rolloutprojekte gestartet, in fast allen Fällen aber erfolglos abgebrochen. Danach fanden Systemeinführungen meist taktisch, getrieben durch Sachzwänge in einzelnen Märkten, statt. So entstehen Insellösungen überall dort, wo veraltete Systeme zum Handeln zwingen.

Wir kennen Vorhaben, die nach langer und aufwändiger Entwicklung eines vermeintlich weltweiten Standards bereits bei ersten Einführungen an lokalen Spezifika scheiterten. Der mühsam definierte Standard wurde aufgegeben. Wieder andere CMS-Einführungen wurden Schritt für Schritt mit Anforderungen und Integrations-Komplexität überladen, bis Budgets und Laufzeiten die Sinnfrage unumgänglich machten. Sunk-Costs statt spürbarer Kostenreduktion waren die Folge. Doch wie lassen sich beide Szenarien verhindern und Potentiale ausschöpfen?

Es braucht ein klares Konzept sowie einen fachlichen und technischen Standardisierungsansatz. Dieser muss sowohl Synergien und Prozessverbesserung fördern als auch Differenzierung im nationalen Wettbewerb nicht behindern. Ohne eine solche Strategie und eine vorgelebte Philosophie, die ein Umdenken in der Organisation anstoßen und verstetigen können, werden erfolgreiche CMS Strategien auch weiterhin die Ausnahme bleiben.

Kosteneffekt nur möglich, wenn eine gesamthafte internationale CMS-Strategie verfolgt wird

Wir haben mit unseren Kunden einen Ansatz entwickelt, der die Einführung und Modernisierung von Contract-Management-Systemen gesamthaft betrachtet und Standardisierung durch Wiederverwendung erreicht. So werden Kostensenkungspotentiale realisiert und gleichzeitig Wettbewerbsfähigkeit gesichert.

Dazu müssen die Systeme schon bei der Auswahl entlang der entscheidenden Themen bewertet werden. Besonders bei fachlichen Themen, wie u.a. Accounting oder Business Intelligence Lösungen, sowie in technischen Themen, wie u.a. Integration und Software-Stack, unterscheiden sich angebotene Lösungen teilweise deutlich.

Bei der eigentlichen Einführung müssen Anpassungen am System auf das Notwendige reduziert werden, um Projektkosten geringzuhalten und andererseits das Potential von Kaufsoftware (Stichwort Standard) auszuschöpfen. Die „Umkehr der Beweislast“ stellt sicher, dass individuelle Anforderungen nur dann umgesetzt werden, wenn sie in (lokaler) Regulatorik begründet liegen, oder einen positiven Business Case (Stichwort Wettbewerbsfähigkeit) aufweisen.

Um Sach- und Personalkosten spürbar zu senken, muss dieser Ansatz auf möglichst viele Landesgesellschaften angewandt werden, wobei internationale Geschäftsmodelle eine länderübergreifende Standardisierung von Prozessen und Produkten erschweren. Genau an dieser Stelle wirkt Wiederverwendung und Umkehr der Beweislast als notwendiger Katalysator. Regionale Unterschiede im Kundenverhalten und bei den angebotenen Produkten werden genau betrachtet und letztendlich entscheidet ihr Business Value über ihre Berücksichtigung.

Captive WiederverwendungsansatzAbbildung 5: „Copy & Paste“ Wiederverwendungsansatz

Eine solche CMS Erneuerung muss als strategische Top-Management-Aufgabe verstanden und mit dem entsprechenden Nachdruck umgesetzt werden. In Konzernen, die durch Dezentralität und Marktautonomie geprägt sind, müssen klare und strikte Regeln aus dem Headquarter heraus zur Umsetzung gebracht werden. In den meisten Fällen müssen Steuerungsmechanismen und Zielsysteme im Management überdacht und angepasst werden. Dafür gilt es aber immer, die Betroffenen zu Beteiligten zu machen, sie also für den dringend notwendigen Paradigmenwechsel zu sensibilisieren.

Wir begleiten seit Jahren erfolgreich nationale und internationale CMS Einführungsprojekte im Captive-Bereich. Gemeinsam mit unseren Kunden entwickeln wir Strategien und Rollout-Ansätze, die das Modernisierungs-Momentum zur Lösung struktureller Kosten- und Effizienzprobleme nutzen. Wir betrachten die CMS-Strategie gesamthaft, ausgehend von ihrer Definition über die Verankerung im Top-Management bis zur Softwareauswahl und Inbetriebnahme.

* Quelle: Geschäftsberichte Volkswagen Financial Services AG, Volkswagen Group, Volkswagen Bank GmbH, BMW Group, Daimler AG 2011-2020, ** Anzahl Bestandsverträge gemäß Angaben aus Geschäftsberichten

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