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Dr. Marco Weiß

Daten spielen im Sport eine entscheidende Rolle. Einen Wettkampf gewinnt der Sportler, der das im Titel genannte olympische Motto am besten erfüllt: schneller zu laufen, höher zu springen oder stärker zu sein als die Konkurrenz.

Schon die grammatikalische Verwendung des Komparativs in diesem Motto weist auf den Vergleich von Daten und deren Verhältnis zueinander hin. Erst durch einen solchen Vergleich werden aus einfachen Daten zu Zeiten oder Höhen wertvolle Informationen über die Leistung der Sportler, aus denen schließlich der Gewinner eines Wettkampfs ermittelt wird.

Dass Daten über Leistungen zueinander ins Verhältnis gesetzt werden, ist dabei ein wesentlicher Bestandteil der menschlichen Natur und macht den Reiz eines sportlichen Kräftemessens aus. Bereits Kinder zählen beim Fußballspiel auf dem Bolzplatz die Tore, um die Leistung des eigenen Teams mit der gegnerischen Mannschaft zu vergleichen.

Daten sind dabei in jeder Sportart und Disziplin die Grundlage der Leistungsmessung zwischen den Athleten. Hierbei sind allerdings je nach Sportart unterschiedliche Daten gefragt. Nicht immer muss daher der Athlet mit der größten Schnelligkeit, der besten Sprungkraft oder der überragenden Stärke gewinnen. Viele Sportarten vergleichen jeweils für ihre spezifischen Zwecke relevante Daten oder erfordern eine bestmögliche Kombination verschiedener Leistungsparameter.

Und Daten im Sport werden nicht ausschließlich und unmittelbar dazu verwendet, zwischen Siegern und Verlierern zu unterscheiden. Eine Vielzahl weiterer, oftmals sekundärer Daten unterstützen durch ihre unterstellten Wirkungszusammenhänge bei der zielgerichteten Vorbereitung oder erfolgreichen Durchführung eines Wettkampfs. In einem solchen Fall ist das Gewinnen beispielsweise auch mit einem Sieg nach Punkten möglich.

Dieser Beitrag möchte einige wichtige Aspekte rund um die Verwendung von Daten im Sport beleuchten. Er stellt hierzu zunächst thesenartig die vielfältige Bedeutung dar, die Daten im Sport sowohl für einzelne Sportler als auch für Teams haben. Insbesondere die vielfältigen Facetten von Daten als Grundlage für herausragende Leistungen im sportlichen Wettkampf stehen dabei im Fokus. Abschließend wird aufgezeigt, dass viele dieser Aspekte auch auf das Management von Organisationen übertragen werden können, um auch hier Spitzenleistungen hervorzubringen.

Das Beste aus sich herausholen im Individualsport

Im Juni 2022 wurde auf dem Lausitzring in Brandenburg ein besonderer Ironman-Triathlon durchgeführt. Unter speziellen Bedingungen sollten die bisherigen Rekordzeiten deutlich unterboten und die magischen Schallmauern von acht Stunden bei den Frauen und sieben Stunden bei den Männern geknackt werden. Im Ziel blieb für den alten und neuen Rekordhalter Kristian Blummenfelt bei den Männern die Uhr bei herausragenden 6:44:25 Stunden stehen.

Wie schafft man es eine solche Leistung zu erreichen? Ein wichtiger Aspekt hierbei sind Daten: selbstverständlich Daten über die Trainings- und Wettkampfzeiten beim Schwimmen, Rad­fahren und Laufen. Aber auch Daten über Herzfrequenz oder Kalorienaufnahme und ‑verbrauch, über den optimalen Luftwiderstand im Windkanal oder die Sauerstoff­aufnahme und -verwendung.

These 1: Daten entfalten für jeden Sportler eine unmittelbare Anreizwirkung

Im Wettkampf sind die Zeiten, Höhen oder Weiten der Konkurrenz insbesondere dann interessant, wenn der Wettbewerb nicht synchron durchgeführt wird und die Athleten die Leistungen ihrer Konkurrenten nicht im direkten Vergleich erleben. Aber auch Daten zu Zwischenzeiten im Wettkampf können zusätzliche Motivation erzeugen, indem sie den Sportlern erlauben, angestrebte Zeiten oder Rekorde zu erzielen.

Die Anreizwirkung von Daten ist schon im Training zu beobachten: Werden Zeiten, Höhen oder Weiten wiederholt in den verschiedenen Trainingseinheiten desselben Sportlers über einen längeren Zeitraum gemessen, werden Fortschritte ersichtlich, aus denen die Sportler weitere Motivation ziehen können. Daten unterstützen auch dabei, im Training zu experimentieren und Technik und ggf. Material so auszuprägen, dass man sich noch um die Kleinigkeit einer weiteren hundertstel Sekunde verbessert, was bei den Bob- und Rodelwettbewerben im Winter über Sieg oder Niederlage entscheiden kann.

These 2: Daten helfen mittelbar Wirkungszusammenhänge zu nutzen, die sich positiv auf die sportliche Leistung auswirken

Beim Laufen werden hierzu beispielsweise Daten zur Herzfrequenz oder Laktatwerte erhoben, um durch gezieltes Training im anaeroben Bereich seine Ausdauerleistung zu verbessern. Leicht verständliche Modelle, Korrelationen oder Faustregeln, wie etwa zur Abschätzung der maximalen Herzfrequenz oder der anaeroben Schwelle, leisten wertvolle Dienste, um in seiner jeweiligen Spezialdisziplin noch besser zu werden und seine Leistungsfähigkeit sukzessive zu erhöhen.

These 3: Daten zeigen relative Schwachstellen bei der individuellen Leistungsfähigkeit auf

Dies ist vor allem dort wichtig, wo die sportliche Leistungsmessung nicht weitestgehend ein­dimensional erfolgt. Es gibt Wettkämpfe, in denen bewusst ein vielfältigeres sportliches Kräftemessen gewollt ist. In der Leichtathletik erfolgt dies im Sieben- oder Zehnkampf, wo anders als in den reinen Spezialdisziplinen, wie den Lauf- oder Sprungwettbewerben, die Ausgewogenheit eines Sportlers im Vordergrund steht. Auch im Bi- oder Triathlon wird, wie der Name schon andeutet, die vielfältige Exzellenz in mehreren Disziplinen belohnt. Leichte Schwächen in einer Sportart können dabei durch Stärken in anderen Disziplinen ausgeglichen werden. Dementsprechend gibt es hier Daten- und Leistungskombinationen, die erst nach entsprechender Gewichtung zum Erfolg führen.

These 4: Eine geeignete Präsentation der Daten führt zu verbesserten Anreizwirkungen

Durch den technischen Fortschritt ist die Datenmessung allgegenwärtig geworden, und es stehen heutzutage zunehmend mehr Daten zur Verfügung. Somit kann auch eine steigende Zahl von Freizeit- und Gelegenheitssportlern von der motivierenden Wirkung von Daten profitieren. Smartphones oder Smartwatches erfassen routinemäßig und automatisch viele Daten, wie z.B. die täglich zurückgelegten Schritte.

Statistische Kenngrößen wie Durchschnittswerte oder Verteilungen machen es möglich, Trends zu visualisieren und die hoffentlich ansteigende Formkurve aufzuzeigen, um einen zielgerichteten, auf den Wettkampf fokussierten Leistungsaufbau zu unterstützen. Solche Visualisierungen und Trendberechnungen geben damit sogar ungefragt – und manches Mal auch zum Leidwesen des Trägers einer Smartwatch oder anderer digitaler Wegbegleiter – Zeugnis darüber, dass ein einzelner Wert deutlich hinter der durchschnittlichen Leistung zurückbleibt. Ein solches Zurschaustellen der Daten führt wie durch die Nudging-Theorie der Verhaltensökonomik vorausgesagt, oftmals zu Anreizen auch für Gelegenheitssportler, sich doch etwas stärker sportlich zu betätigen.

Gemeinsam zum Erfolg im Mannschaftssport

Im Juli 2021 hat das Internationale Olympische Komitee das olympische Motto um ein weiteres Wort ergänzt: Citius, Altius, Fortius – Communiter lautet fortan der Wahlspruch von Olympia. Das hinzugefügte communiter betont dabei die Gemeinsamkeit, die die Athleten bei der Ausübung ihres Sports empfinden. Dies gilt natürlich insbesondere für Sport der kollektiv in Mannschaften oder Teams ausgeübt wird.

Während die bislang genannten Aspekte von Daten im Sport natürlich auch für jedes Team-mitglied als einzelnes Individuum gelten, kommen bei Mannschaftswettbewerben weitere interessante Aspekte hinzu, weil sich die relevanten Vergleichsmöglichkeiten verändern und sich das verfügbare Datenuniversum erweitert. Auf einige interessante Aspekte soll im Folgenden hingewiesen werden.

These 5: Im Team wird eine Spezialisierung möglich

Eine Spezialisierung auf eine Teildisziplin erlaubt es, individuelle Stärken zum Wohle der gesamten Mannschaft gezielt auszunutzen und sich gegenseitig so zu unterstützen, dass individuelle Schwächen überwunden werden können. Gemeinsam kann eine Mannschaft daher mehr Wert schaffen, als dies einem Einzelnen allein möglich wäre.

Der mit weitem Abstand beliebteste Teamsport ist der Fußball. Auch wenn es hier einzelne aus der Mannschaft herausragende Spieler gibt, ist es doch häufig das Kollektiv, das die Spiele gewinnt. Spezialisierungen werden von frühester Jugend an möglich, da sich einzelne Spieler auf die Defensive oder in Abhängigkeit von ihrem jeweiligen ‚starken Fuß‘ auf eine der beiden Außenbahnen konzentrieren können.

These 6: Als Teil einer Mannschaft werden Anreizwirkungen für den Einzelnen verändert

Um mit der Mannschaft Erfolg zu haben, muss der Einzelne aber nicht notwendigerweise der Beste in seiner Spezialdisziplin sein, um zu gewinnen. Es reicht oftmals aus, nur den mann­schaftsinternen Wettbewerb zu gewinnen und sich gegen einen eingeschränkten Kreis an Kon­kurrenten durchzusetzen. Hierbei ist natürlich zu berücksichtigen, dass im Fußball multi­dimensionale Anforderungen an die Sportler gestellt werden. Dementsprechend werden nicht nur Tore, sondern auch viele andere Daten wie beispielsweise die Laufleistung, die Zahl der gewonnenen Zweikämpfe oder der angekommenen Pässe erhoben, um den Erfolg eines Spielers oder auch des Kollektivs zu messen. Durch eine Vielzahl von Daten über Spieler und Mannschaft sollen so mögliche Schwachstellen beseitigt werden. Ob das Fußballspiel der eigenen Lieblingsmannschaft durch all diese Daten und Messungen tatsächlich besser geworden ist, mag jeder Fan selbst beurteilen.

Anreizwirkungen werden in Teams aber noch auf eine andere Art verändert. Die gegenseitigen Abhängigkeiten der Teammitglieder erfordern es, sich in den Dienst der Mannschaft zu stellen. Dieser Teamspirit lässt einzelne Sportler immer wieder über sich hinauswachsen, weil der Erfolg der gesamten Mannschaft von der Aufgabenerfüllung jedes einzelnen Spielers abhängt.

These 7: Eine wirkungsvolle Teamleistung bedarf der Koordination der Teammitglieder

Selbst wenn jeder einzelne Läufer in einem Staffellauf in seinem Abschnitt der Schnellste sein sollte, kann doch durch eine unkoordinierte Übergabe des Staffelstabs so viel Zeit verloren gehen, dass das Team am Ende eben doch nicht gewinnt. Selbstverständlich können auch diese neuralgischen Punkte durch entsprechende Daten gemessen und kontinuierliche Ver­besserungen transparent gemacht werden.

Zur Koordination gehört aber gerade in Mannschaftssportarten auch ein gleiches Verständnis über die Art und Weise, wie der Gegner bezwungen werden soll. Im Vorfeld von Spielen werden hierzu häufig schon Daten über den Gegner und dessen Spielweise analysiert, um die richtige Taktik zum Einsatz zu bringen. Die Taktik ist die Leitlinie für die einzelnen Spieler, wie man die gegnerische Mannschaft besiegen möchte. An ihr ist das individuelle sportliche Verhalten auszurichten, um gemeinsam mit seinen Mannschaftskollegen zum Erfolg zu kommen. Je nach gewählter Taktik, ob z.B. im Fußballspiel eher der Ballbesitz im Vordergrund steht oder auf schnelle Konter gesetzt wird, sind unterschiedliche sportliche Fähigkeiten gefragt.

In der Regel ist es der Trainer, der seine Mannschaft taktisch einstellt und von außen für die notwendige Koordination sorgt. Er kann aber häufig durch ein oder mehrere Führungsspieler, die die Rolle des koordinierenden Taktgebers übernehmen können, auf dem Platz unterstützt werden.

These 8: Die Kohäsion des Teams kann von der Datenlage entscheidend beeinflusst werden

Anders als im Fußball sind die Mannschaften im Radsport eher lose zusammengestellt und die Zugehörigkeit wird häufiger gewechselt. Dies hängt auch damit zusammen, dass es gerade in den großen Landesrundfahrten, wie z.B. der Tour de France, viele verschiedene Wettbewerbe gibt, die zur gleichen Zeit durchgeführt werden. Hier werden an jedem Tag verschiedene Rennen gefahren: Es geht natürlich zum einen darum, die jeweilige Tagesetappe zu gewinnen. Gleichzeitig läuft aber auch das Rennen um das gelbe Trikot in der Gesamtwertung der Tour de France, das derjenige erhält, der für alle Etappen zusammengenommen die geringste Zeit benötigt. Zudem werden Punkte für Sprints oder zuerst erreichte Zwischenziele auf einem Berg vergeben. Und natürlich gibt es auch für die Radsportmannschaften eine separate Rangliste sowie eine entsprechende Siegprämie.

Auf jeder Etappe kann es somit für die einzelnen Radrennfahrer unterschiedliche Anreize geben. Es kommt daher häufig vor, dass sich spontane Interessengemeinschaften aus einzelnen Fahrern bilden, die zumindest eine Zeitlang als Zweckgemeinschaft funktionieren. Auch hier sind die Daten über Vorsprung oder Rückstand wichtig und werden den Rennfahrern immer wieder durch Begleitfahrzeuge auf Kreidetafeln veranschaulicht, um als zusätzliche Motivation zu dienen oder zu einem Wechsel der gewählten Taktik zu veranlassen.

Daten auch Basis für Leistungsfähigkeit von Organisationen

Wettbewerb gibt es nicht nur im Sport. Auch Unternehmen stehen in der Marktwirtschaft in permanentem Wettbewerb miteinander. Und auch hier gibt es selbstverständlich Daten über den Unternehmenserfolg sowie zugrundeliegend Modelle der Wirkungszusammenhänge, wie dieser Erfolg zustande kommt. Ähnlich wie im Sport stehen Unternehmen dabei nicht nur primäre Erfolgskenngrößen wie der Gewinn zur Verfügung, sondern es existieren eine Vielzahl von weiteren Daten innerhalb eines Unternehmens. Die zuvor thesenartig beschriebenen Wirkungsmechanismen aus Daten, Informationen, Anreizen und Koordination lassen sich daher auch auf Organisationen oder kommerzielle Unternehmungen übertragen.

Auch im kommerziellen Bereich ist es wichtig, Anreize für einzelne Mitarbeiter wie auch für Teams aus mehreren Beschäftigten zu setzen. Die Auswahl und Präsentation geeigneter Daten kann hierbei ein wichtiger Baustein des Unternehmenserfolgs werden. Werden beispielsweise Daten zu Umsätzen oder Kosten auf Ebene einzelner Produkte oder Services monatlich transparent dargestellt, ergeben sich Anreize für die Produkt- oder Serviceverantwortlichen die zukünftigen Werte durch entsprechende Maßnahmen zu beeinflussen. Detailliertere Daten zum Abnahmeverhalten einzelner Kundengruppen oder Kosteninformationen zu Vorprodukten können analog zum Sport aufzeigen, wo die relativen Schwachstellen liegen, die anzugehen sind. Und durch sportliche Konkurrenz zwischen den Mitarbeiter aus verschiedenen Teams kann der unternehmensinterne Wettbewerb angespornt werden.

Die Herausforderung für das Management von Unternehmen ist es daher, vorhandene Daten und Informationen so nutzbar zu machen, dass Anreize gesetzt werden, die richtigen Entschei­dungen zu treffen. Werden hierzu wie durch die Trainer in den Mannschatsportarten auch entsprechende Taktiken und Strategien vorgegeben, können die jeweils besten Handlungen durch die einzelnen Teams in koordinierter Weise durchgeführt werden. Hierdurch gelingt die Mobilisierung der kompletten Organisation, um im Wettbewerb mit anderen Unternehmen schneller zu reagieren, einen höheren Gewinn zu erzielen und einen stärkeren Marktanteil als andere Unternehmen zu erreichen.

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